ernte_lagrein_in_andrian120. Erntesaison in Andrian: Lese der Lagreintrauben im Eiltempo

Die 120. Ernte in Andrian ist eingefahren: Die Lese der Leitsorte Lagrein, die seit rund drei Jahrzehnten in der Kellerei Andrian zu einer Riserva verarbeitet wird, gestaltete sich in diesem Jahr äußerst heikel. Das teils sehr wechselhafte Wetter der letzten zehn bis 14 Tage stellte die Önologen vor große Herausforderungen. „Wir standen ziemlich unter Zeitdruck“, sagt Kellermeister Rudi Kofler.

Die
Kellerei Andrian hat eine lange Lagrein-Geschichte hinter sich: Nicht
umsonst darf sie sich mit dem „Tor di Lupo“ einen der ersten Lagrein
Riserva Südtirols auf ihre Fahnen schreiben. Erstmals wurde in den
1980er-Jahren das ausgesuchte Traubengut aus einigen besonders
hochwertigen Lagen separat eingekellert und im kleinen Eichenholzfass
ausgebaut (siehe nachfolgendes Interview).

Es
ist daher stets ein besonderer Moment, wenn die Kellerei Andrian die
Lagrein-Ernte einläutet. Den Anfang machte die Lese der ersten Trauben
in den Grieser Lagen, dann folgten die Lagen in Andrian: „In diesem Jahr
musste alles ganz schnell gehen. Innerhalb von nicht einmal einer Woche
haben wir die Lagrein-Ernte durchgezogen“, so Kofler. Das optimale
Timing zu erwischen, war dabei besonders schwierig: „Die phenolische
Reife ist etwas verzögert eingetreten, zugleich war eine
Wetterverschlechterung mit neuen Niederschlägen in Sicht, was zum
Aufplatzen der Trauben geführt hätte. Wir standen also unter großem
Zeitdruck“, betont der Önologe.

Letztendlich
sei man aber zufrieden, mit dem was das Traubenmaterial verspricht:
„Wir gehen von einem durchschnittlichen Jahrgang aus, der sich durch
Eleganz hervortun könnte“, erklärt Kofler. Im langjährigen Mittel bewege
sich auch die Erntemenge des Lagrein, da es kaum Ausfälle gegeben habe.
„Spannend wird auch sein, wie sich dieser Jahrgang im Laufe der Zeit
entwickeln wird. Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht
exakt vorhersehen.“

Die
Kellerei Andrian ist für ihre Kompetenz im Rotweinbereich bekannt.
Beleg dafür sind nicht zuletzt die zahlreichen Auszeichnungen, die sie
Jahr für Jahr erhält. Aktuell beispielsweise die „5 grappoli“ des
renommierten Weinführers Bibenda für den Lagrein „Tor di Lupo“ 2010.

Jüngste
Rotwein-Schöpfung der Kellerei Andrian ist übrigens der „Bocado“: Mit
diesem einzigartigen Vernatsch erfährt eine der stärksten, klassischen
Südtiroler Rebsorten eine Neuinterpretation. Mit Eleganz und Harmonie
wird dieser Wein neuen Schwung in die lange Historie dieser autochthonen
Rebsorte bringen.

 

Önologe Albert Sinn: „Wir betraten mit dem Lagrein Neuland“

 

Die
Anfänge des Lagrein in Südtirol liegen auch in Andrian: Die älteste
Kellerei Südtirols war es nämlich, die als eine der ersten des Landes
begonnen hatte, den edlen Rotwein in Sieben-Zehntel-Flaschen abzufüllen.
Einer der Lagrein-Pioniere ist Albert Sinn, damaliger Önologe in
Andrian und selbst leidenschaftlicher Verfechter dieser autochthonen
Südtiroler Rebsorte.


Heute
ist der Lagrein ein Aushängeschild der Südtiroler Weinwirtschaft. Wie
war das zu der Zeit als Sie Kellermeister in Andrian wurden?

Sinn:
Ich bin 1982 zur Kellerei gekommen und damals spielte der Lagrein in
Südtirol nur als Kretzer eine Rolle, der Lagrein dunkel wie wir ihn
heute kennen, war bei der breiten Masse der Konsumenten völlig
unbekannt. Die klar beherrschende Sorte im Rotweinbereich in Südtirol
war der Vernatsch. Allein Fachleute schätzten den Lagrein klassisch als
Rotwein ausgebaut bereits in den 1980er-Jahren.

 

Die ersten Sieben-Zehntel-Flaschen Lagrein produzierte die Kellerei Andrian im Jahre 1986/1987. Erinnern Sie sich noch an die erste Absatzsaison des Lagrein „Tor di Lupo“?

Sinn:
Der Start war sicherlich nicht einfach, da wir mit dem Lagrein de facto
Neuland betraten. Wir begannen mit einer relativ kleinen Menge von
knapp 3.000 Flaschen, die wir hauptsächlich der Gastronomie anboten. Uns
half dabei, dass es zur selben Zeit einen deutlichen Aufschwung bei
kräftigen Rotweinen gab. Zudem gewann das Barrique-Thema unter
Weinliebhabern in Südtirol mehr und mehr an Bedeutung. Beides erfüllte
der „Tor di Lupo“ – er war charaktervoll und besaß edle Würznoten durch
den Ausbau in kleinen Eichenholzfässern.


Woher bezogen Sie das Traubenmaterial?

Sinn:
Damals wie heute stammt der Großteil der Lagrein-Trauben für den „Tor
di Lupo“ aus dem Bozner Stadtteil Gries. Beim Anbau haben wir auf
möglichst geringe Hektarerträge geachtet, um eine hohe Qualität zu
gewährleisten und damit auch einen angemessenen Preis auf dem Markt
erzielen zu können. Natürlich haben sich die Absatzmengen im Laufe der
Jahre deutlich erhöht. In Andrian werden mittlerweile jährlich rund
14.000 Flaschen abgefüllt.

 

Wie ging es dann weiter?

Sinn:
Nach unserem erfolgreichen Markteintritt mit dem Lagrein „Tor di Lupo“
1986 und ersten internationalen Auszeichnungen, wurden auch andere
Kellereien in Südtirol hellhörig und folgten unserem Beispiel. Es kam zu
einem rasanten Aufstieg des Rotweins, der ihn zu dem Stellenwert
verhalf, den er heute hat. Der Lagrein ist eine etablierte Südtiroler
Leitsorte, die auf über 416 Hektar angebaut und über die Landesgrenzen
hinaus vermarktet und geschätzt wird.

 

Vielen Dank für das Interview.